Gleich vorweg: Mann aus Marseille ist eine der besten unbekannten Bands des Landes und "Flamingo" ist – na klar! – ihre bis dato beste Platte. Wobei dieses nunmehr dritte Album in Wahrheit ein Debüt ist.
Das Quintett aus Linz findet hier zu seinem Sound und zu seiner Sprache, zu seiner ureigenen Art, Texte und Songs zu schreiben – mal lärmend und wild, mal lakonisch trocken, oft unberechenbar. So zeigt ein sperriger, fast obsessiver Song wie "Bitte lasst sie gehen" wie Zuneigung in Hass umschlägt. "Hast du Angst", der Opener der Platte, begleitet Menschen, die Angst vor der Angst haben und sich selbst beim Duschen fürchten – aber eigentlich nicht wissen warum... oder wissen sie doch was? Und wer raunt hier was von Verschwörung?
"Bunte Vögel", die erste Singleauskopplung, ist der selbsternannte Sommerhit der Platte. Besser: Ein Scheißsommer-Hit für die Zeit nach dem Sommer, wo die warme Jahreszeit nur mehr sepiagetränkte Erinnerung ist. "Es fehlen die Farben, bunte Vögel werden Raben" klagt Sänger Hannes Holzweber da. Das Taumeln zu Orten, an denen man nichts zu suchen hat, aber alles findet, Orten, wo man nicht hingehört aber zu Hause ist, durchzieht "Flamingo Bar", den bisher ungewöhnlichsten Song der Band. Getragen von einer psychedelisch eingerauchten Gitarre leitet unvermutet eine Tuba den überfälligen Weltuntergang ein.
Erlösung bietet "Essen gut, Wetter schön", denn gebeutelte Seelen brauchen auch Urlaub. Und wenn sonst nichts gut ist und wird in unserer durchgedrehten Welt, dann ist doch eine gute Mahlzeit bei Sonnenschein nicht die schlechteste Option.
"Flamingo" ist musikalisch wie textlich die ausgereifteste Platte dieser mit einer neuen Leichtigkeit ausgestatteten Band, der ein originelles, mächtiges und feingliedriges Album gelungen ist, das die Fäuste reckt und seine Hörer gleichzeitig fest umarmt.
A1 Hast du Angst
A2 Polanski
A3 Bunte Vögel
A4 Flamingo Bar
A5 Essen gut, Wetter schön
B1 Es war einmal...
B2 O-Me-Ga
B3 Lasst sie gehen
B4 Steuermann
B5 Trampolin
Credits: Hannes Holzweber (Gesang, Gitarre), Wolfgang Obermayr (Piano, Orgel, Synthesizer, Glockenspiel, Gesang), Cri Derntl (Gitarre), Andreas Schlor (Bass), Max Dörfler (Schlagzeug)
Texte: Hannes Holzweber (außer Trampolin: Holzweber, Obermayr)
Tuba auf "Flamingo Bar": Jakob Köttl
Erzähler auf "Es war einmal": David Lipp
Aufnahme: Goon Studios, Linz
Aufnahme Gesang: Martin Rohrmoser, Locationsound, Eugendorf
Cover: Hannes Holzweber, Andreas Schlor